Erwin Rohde

Erwin Rohde

Erwin Rohde (* 9. Oktober 1845 in Hamburg; † 11. Januar 1898 in Neuenheim bei Heidelberg) war ein deutscher Altphilologe.

Leben

Erwin Rohde mit Carl von Gersdorff und Friedrich Nietzsche (v.l.), Oktober 1871 in Naumburg (Saale)

Als zweites von vier Kindern des Hamburger Arztes Franz Adolph Rohde (1813–1866) und der Bertha Maria Wilhelmina, geb. Schleiden (1813–1882) besuchte Erwin Rohde zunächst von 1852 bis 1859 die damals berühmte Stoysche Anstalt in Jena, bevor er 1860 nach Hamburg zurückkehrte, wo er an der Gelehrtenschule des Johanneums 1864 sein Abitur machte. Im Sommersemester 1865 begann er ein Studium der Klassischen Philologie an der Universität Bonn. Im folgenden Wintersemester wechselte er wie sein Kommilitone Friedrich Nietzsche an die Universität Leipzig, wo seine Freundschaft mit Nietzsche begann. Zum Wintersemester 1867 ging Rohde an die Universität Kiel und wurde dort am 9. März 1869 bei Otto Ribbeck mit einer Arbeit zu Iulius Pollux promoviert. Nach einer Studienreise nach Italien habilitierte sich Rohde im Herbst 1870 in Kiel und begann zum Wintersemester als Privatdozent zu lehren; am 20. April 1872 wurde er außerordentlicher Professor. 1875 bewarb er sich um den Lehrstuhl an der Universität Dorpat, den jedoch Wilhelm Hoerschelmann erhielt. 1876 nahm Rohde einen Ruf auf eine ordentliche Professur an der Universität Jena an und ging bereits zwei Jahre später, zum Wintersemester 1878/79, nach Tübingen. 1886 folgte er einem Ruf an die Universität Leipzig, wechselte jedoch schon nach einem Semester im Herbst des Jahres als Nachfolger von Curt Wachsmuth an die Universität Heidelberg, deren Prorektor er 1894/95 wurde. Einen Ruf an die Universität Straßburg Anfang 1897 lehnte er ab.

Noch während seiner Kieler Zeit hatte sich Rohde mit der Streitschrift Afterphilologie für die von Nietzsche in der Geburt der Tragödie vertretenen Thesen eingesetzt, die zuvor von Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff scharf angegriffen worden waren. Jahre nach diesem Eintreten für Nietzsche zerbrach die Freundschaft allerdings. Dagegen blieb die Freundschaft mit Franz Overbeck, die über den gemeinsamen Freund Nietzsche zustande gekommen war und sich in einem regen Briefwechsel niederschlug, bis zu Rohdes Tod bestehen.

Grabstätte von Erwin Rohde und seiner Frau Valentine Rohde, geb. Framm auf dem Heidelberger Bergfriedhof

Obwohl Rohde das Nietzsche-Archiv als eine „alberne“ Idee empfand, unterstützte er es anfangs mit einigen Ratschlägen und Hilfestellungen. Nach seinem Tod berief sich Elisabeth Förster-Nietzsche auf Rohdes Unterstützung, die sie weit übertrieb. Rohdes Schüler Ernst Holzer arbeitete lange am Archiv und gab Nietzsches Philologica heraus.

Aus der am 8. August 1877 geschlossenen Ehe mit Valentine Framm (1859–1901) gingen vier Kinder hervor: Bertha (1878–1902), die spätere Ehefrau des Heidelberger Geographen Alfred Hettner, Erwin (jun.) (1881–1915), seit 1910 Privatdozent für Pharmakologie an der Universität Heidelberg, Anna (1885–1955) und der früh verstorbene Hans Adolph (1895–1896).

Rohdes Ruhestätte befindet sich auf dem Heidelberger Bergfriedhof (Abteilung N). Sein Grabmal ist ein Obelisk aus schwarzem, polierten Granit; die Inschrift nennt seinen Namen und den seiner Frau.

Schriften

(Quelle:[1])

  • Ueber Lucians Schrift ΛΟΥΚΙΟΣ Η ΟΝΟΣ und ihr Verhaeltniss zu Lucius von Patrae und den Metamorphosen des Apulejus. Eine literarhistorische Untersuchung. Engelmann, Leipzig 1869 (Bayerische Staatsbibliothek digital).
  • De Julii Pollucis in apparatu scaenico enarrando fontibus. Engelmann, Leipzig 1870 (Bayerische Staatsbibliothek digital).
  • Afterphilologie. Zur Beleuchtung des von dem Dr. phil. Ulrich von Wilamowitz-Möllendorff herausgegebenen Pamphlets: „Zukunftsphilologie!“. Sendschreiben eines Philologen an Richard Wagner. Fritsch, Leipzig 1872 (Bayerische Staatsbibliothek digital).
  • Der griechische Roman und seine Vorläufer. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1876 (Bayerische Staatsbibliothek digital); 3., vermehrte Auflage 1914 (Universität Regensburg. Universitätsbibliothek).
  • Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Mohr, Freiburg im Breisgau 1890–1894. (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv); 7. Auflage Tübingen 1921.
  • Kleine Schriften. 2 Bände. Mohr, Tübingen 1901.
  • Friedrich Nietzsches Briefwechsel mit Erwin Rohde. Hg. von Elisabeth Förster-Nietzsche und Fritz Schöll. Berlin 1902.
  • Franz Overbeck Erwin Rohde. Briefwechsel. Hg. u. kommentiert v. Andreas Patzer (Supplementa Nietzscheana 1). de Gruyter, Berlin/New York 1990.
  • Briefe aus dem Nachlass. Hg. von Marianne Haubold. Bd. 1–3. Olms, Hildesheim/Zürich/New York 2015–2017.

Literatur

  • Manuel Baumbach: Rohde, Erwin. In: Der Neue Pauly. Supplement Bd. 6: Geschichte der Altertumswissenschaften. Biographisches Lexikon. Hg. v. Peter Kuhlmann u. Helmuth Schneider. Metzler, Stuttgart/Weimar 2012, S. 1075 f.
  • Hubert Cancik: Erwin Rohde – ein Philologe der Bismarckzeit. In: Semper apertus. Sechshundert Jahre Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 1386–1986. Bd. 2: Das neunzehnte Jahrhundert: 1803–1918. Hg. v. Wilhelm Doerr. Springer, Berlin, S. 436–505.
  • Hubert Cancik: Erwin Rohde. In: Ward W. Briggs, William M. Calder III (Hrsg.): Classical Scholarship. A biographical encyclopedia (= Garland reference library of the humanities. Bd. 928). Garland, New York 1990, S. 395–404.
  • Hubert Cancik: Erwin Rohde. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, ISBN 3-428-11202-4, S. 761 f. (Digitalisat).
  • Giorgio Colli/Mazzino Montinari (Hg.): Nietzsche Briefwechsel. Kritische Gesamtausgabe, Bd. I 4: Nachbericht zur ersten Abteilung: Briefe von und an Friedrich Nietzsche 1849–1869. de Gruyter, Berlin/New York 1993, S. 724–726.
  • Dagmar Drüll: Heidelberger Gelehrtenlexikon, Bd. 2: 1803–1932. Springer, Berlin/Heidelberg 1986, S. 222 f. ISBN 978-3-642-70761-2; 2. [überarb. u. erweiterte] Aufl. Wiesbaden 2019, S. 665 f.
  • Otto Crusius: Erwin Rohde. Ein biographischer Versuch. Mohr, Tübingen 1902 (archive.org).
  • Gerhard Kaller, Rohde, Erwin. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. 8. Bautz, Herzberg 1994, Sp. 571–573.
  • Fritz SchöllErwin Rohde. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 53, Duncker & Humblot, Leipzig 1907, S. 426–440.
  • August Marx, Erwin Rohde. In: Badische Biographien, V. Teil: 1891–1901. Hg. v. Friedrich von Weech u. Albert Krieger. Winter, Heidelberg 1906, S. 661–669.
  • Wilhelm Nestle: Rohde, Erwin Rohde. Professor der klassischen Philologie. 1845–1898. In: Hermann Haering, Otto Hohenstatt (Hrsg.): Schwäbische Lebensbilder. Bd. 1, Kohlhammer, Stuttgart 1940, S. 435–444.
  • Ernest Seillière: Nietzsches Waffenbruder Erwin Rohde. Barsdorf, Berlin 1911.

Weblinks

Commons: Erwin Rohde – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Erwin Rohde – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Vollständiges Werkverzeichnis bei Marianne Haubold (Hg.), Briefe aus dem Nachlass. Bd. 1. Olms, Hildesheim/Zürich/New York 2015, S. 13–28.

Erster Lehrstuhl (seit 1972 C3-Professur): Karl Friedrich Heinrich (1804–1818) | Wilhelm Wachsmuth (1820–1825) | Gregor Wilhelm Nitzsch (1827–1852) | Georg Curtius (1854–1862) | Otto Ribbeck (1862–1872) | August Wilmanns (1873–1874) | Eduard Lübbert (1874–1881) | Richard Foerster (1881–1890) | Ivo Bruns (1890–1901) | Siegfried Sudhaus (1901–1914) | Werner Jaeger (1915–1921) | Christian Jensen (1921–1926) | Manfred Fuhrmann (1962–1966) | Antonie Wlosok (1968–1972) | Herbert Juhnke (1972–1997) | Lore Benz (1997–2001) | Hans Bernsdorff (2002–2003) | Jan Radicke (seit 2004)

Zweiter Lehrstuhl: Friedrich Blass (1881–1892) | Alfred Schöne (1892–1902) | Paul Wendland (1902–1906) | Felix Jacoby (1907–1935) | Erich Burck (1938–1969) | Ernst Doblhofer (1971–1984) | Konrad Heldmann (1985–2005) | Thorsten Burkard (seit 2005)

Dritter Lehrstuhl (bis 1921 Extraordinariat): Johann Matthias Schultz (1802–1846) | Erwin Rohde (1872–1876) | Friedrich Blass (1876–1881) | Friedrich Leo (1881–1883) | Christian Lütjohann (1884) | Ivo Bruns (1886–1890) | Otto Rossbach (1890–1895) | Ernst Bickel (1909–1921) | Johannes Stroux (1922–1923) | Eduard Fraenkel (1923–1928) | Richard Harder (1930–1941) | Hans Diller (1942–1973) | Ernst-Richard Schwinge (1976–1999) | Lutz Käppel (seit 1999)

Inhaber der Lehrstühle für Klassische Philologie an der Universität Jena

Erster Lehrstuhl: Ferdinand Gotthelf Hand (1817–1851) | Carl Nipperdey (1852–1875) | Erwin Rohde (1876–1878) | Rudolf Hirzel (1886–1913) | Christian Jensen (1913–1917) | Otto Weinreich (1918) | Friedrich Zucker (1918–1961) | Ernst Günther Schmidt (1974/87–1994) | Jürgen Dummer (1994–2000) | Jürgen Hammerstaedt (2000–2004) | Rainer Thiel (seit 2005)

Zweiter Lehrstuhl: Karl Wilhelm Göttling (1831–1869) | Conrad Bursian (1869–1874) | Rudolf Schöll (1874–1876) | Alfred von Gutschmid (1876–1877) | Heinrich Gelzer (1878–1906) | Georg Goetz (1906–1923) | Johannes Stroux (1923–1924) | Karl Barwick (1925–1954) | Friedmar Kühnert (1961–1981) | Volker Riedel (1987–2008) | Meinolf Vielberg (seit 1994)

Extraordinariat: Friedrich Gotthilf Osann (1821–1825) | Hermann Weißenborn (1843–1849) | Georg Bippart (1850–1852) | Moritz Vermehren (1864–1893) | Ernst Diehl (1906–1911) | Albrecht von Blumenthal (1928–1938)

Erster Lehrstuhl: David Christoph Seybold (1796–1804) | Karl Philipp Conz (1804–1827) | Gottlieb Lukas Friedrich Tafel (1827–1846) | Albert Schwegler (1847–1857) | Karl Hirzel (1857–1874) | Ernst von Herzog (1874–1902) | Gotthold Gundermann (1902–1921) | Otto Weinreich (1921–1954) | Hildebrecht Hommel (1955–1964) | Günther Wille (1965–1991) | Heinz Hofmann (1993–2009) | Anja Wolkenhauer (seit 2010)

Zweiter Lehrstuhl: Ernst Christian von Walz (1832–1857) | Wilhelm Siegmund Teuffel (1857–1878) | Erwin Rohde (1878–1886) | Otto Crusius (1886–1898) | Wilhelm Schmid (1898–1926) | Johannes Mewaldt (1927–1931) | Hans Herter (1932–1938) | Friedrich Focke (1939–1946) | Wolfgang Schadewaldt (1950–1968) | Konrad Gaiser (1968–1988) | Thomas A. Szlezák (1990–2006) | Irmgard Männlein-Robert (seit 2006)

Außerordentliche Professur: Rudolf Herzog (1903–1909) | Adolf von Mess (1909–1916) | Otto Weinreich (1916–1918) | Friedrich Zucker (1918) | Friedrich Pfister (1918–1924) | Friedrich Focke (1925–1939)

Dritter Lehrstuhl: Ernst Zinn (1956–1978) | Ernst A. Schmidt (1979–2002)

Vierter Lehrstuhl: Konrad Müller (1963–1964) | Hartmut Erbse (1965–1968) | Richard Kannicht (1969–1997)

Fünfter Lehrstuhl: Hubert Cancik (1974–2003) | Jürgen Leonhardt (2004-2010) | Robert Kirstein (seit 2011, ab 2018 als Ordinarius)

Inhaber der Lehrstühle für Klassische Philologie an der Universität Leipzig

Erster Lehrstuhl (ab 1985 Gräzistik): Johann Friedrich Christ (1739–1756) | Johann August Ernesti (1756–1770) | August Wilhelm Ernesti (1770–1801) | Gottfried Hermann (1803–1848) | Reinhold Klotz (1849–1870) | Ludwig Lange (1871–1885) | Curt Wachsmuth (1886–1905) | Erich Bethe (1906–1931) | Jürgen Werner (1985–1996) | Kurt Sier (1996–2021) | Oliver Schelske (seit 2023)

Zweiter Lehrstuhl (seit 1974 Latinistik): Friedrich Wolfgang Reiz (1782–1785) | Christian Daniel Beck (1785–1819) | Friedrich August Wilhelm Spohn (1819–1824) | Christian Daniel Beck (1825–1832) | Anton Westermann (1834–1865) | Friedrich Ritschl (1865–1876) | Otto Ribbeck (1877–1898) | Friedrich Marx (1899–1906) | Richard Heinze (1906–1929) | Friedrich Klingner (1930–1947) | Franz Dornseiff (1948–1960) | Walter Hofmann (1974–1990) | Ekkehard Stärk (1992–2001) | Marcus Deufert (seit 2003)

Dritter Lehrstuhl: Otto Jahn (1847–1850) | Gregor Wilhelm Nitzsch (1852–1861) | Georg Curtius (1862–1885) | Erwin Rohde (1886)

Vierter Lehrstuhl: Justus Hermann Lipsius (1877–1914) | Bruno Keil (1914–1916) | Alfred Körte (1917–1934) | Wolfgang Schadewaldt (1934–1941) | Karl Reinhardt (1942–1946)

Inhaber der Lehrstühle für Klassische Philologie an der Universität Heidelberg

Erster Lehrstuhl: Friedrich Creuzer (1800–1845) | Leonhard Spengel (1841–1847) | Hermann Köchly (1864–1876) | Curt Wachsmuth (1877–1886) | Erwin Rohde (1886–1898) | Otto Crusius (1898–1903) | Albrecht Dieterich (1903–1908) | Franz Boll (1908–1924) | Otto Regenbogen (1925–1935) | Hildebrecht Hommel (1937–1945) | Otto Regenbogen (1945–1959) | Franz Dirlmeier (1959–1970) | Herwig Görgemanns (1972–1997)

Zweiter Lehrstuhl: August Boeckh (1807–1811) | Heinrich Voß (1809–1822) | Johann Christian Felix Bähr (1823–1872) | Uvo Hölscher (1962–1970) | Albrecht Dihle (1974–1989) | Glenn W. Most (1991–2001) | Jonas Grethlein (seit 2008)

Dritter Lehrstuhl: Karl Ludwig Kayser (1863–1872) | Otto Ribbeck (1872–1877) | Fritz Schöll (1877–1918) | Otto Weinreich (1918–1921) | Karl Meister (1921–1949) | Viktor Pöschl (1950–1976) | Hubert Petersmann (1981–2001) | Gerrit Kloss (seit 2003)

Vierter Lehrstuhl: Michael von Albrecht (1964–1999) | Jürgen Paul Schwindt (seit 2000)

Lehrstuhl für Papyrologie: Dieter Hagedorn (1981–2001) | Andrea Jördens (seit 2004)

Normdaten (Person): GND: 118790951 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: n90712990 | VIAF: 7432592 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Rohde, Erwin
KURZBESCHREIBUNG deutscher Klassischer Philologe
GEBURTSDATUM 9. Oktober 1845
GEBURTSORT Hamburg
STERBEDATUM 11. Januar 1898
STERBEORT Neuenheim