Van-Trees-Ungleichung

Bei der Van-Trees-Ungleichung handelt es sich um eine zentrale Ungleichung aus der bayesschen Schätztheorie, einem Teilgebiet der mathematischen Statistik. Ähnlich wie die Cramér-Rao-Ungleichung aus der frequentistischen Statistik liefert sie eine Abschätzung der Varianz für Punktschätzer und damit eine Möglichkeit, unterschiedliche Schätzer miteinander zu vergleichen. Im Unterschied zur Cramér-Rao-Ungleichung verzichtet die Ungleichung auf die Voraussetzung der Erwartungstreue, ist aber dadurch für erwartungstreue Schätzer etwas schwächer. Für große Stichprobenumfänge unterscheidet sich allerdings die Van-Trees-Schranke nur noch geringfügig von der Cramér-Rao-Schranke.

Die Ungleichung ist benannt nach Harry L. van Trees, der die Ungleichung 1968 erstmals aufstellte.

Die Ungleichung

Rahmenbedingungen

Gegeben sei das einparametrige statistische Modell ( X , A , ( P ϑ ) ϑ Θ ) {\displaystyle ({\mathcal {X}},{\mathcal {A}},{\mathcal {(}}P_{\vartheta })_{\vartheta \in \Theta })} mit dominierendem Maß μ {\displaystyle \mu } . Wir bezeichnen mit f ( x | ϑ ) {\displaystyle f(x|\vartheta )} die Dichte von P ϑ {\displaystyle P_{\vartheta }} bezüglich μ {\displaystyle \mu } .

Über dem Parameterraum ( Θ , B ( Θ ) ) {\displaystyle (\Theta ,{\mathcal {B}}(\Theta ))} gibt es zusätzlich ein Wahrscheinlichkeitsmaß π {\displaystyle \pi } mit einer Dichte λ ( ϑ ) {\displaystyle \lambda (\vartheta )} bezüglich des Lebesgue-Maßes. Damit handelt es sich bei unserem Modell um ein bayessches statistisches Modell.

Es gelten weiterhin folgende Regularitätsbedingungen:

  • λ ( ϑ ) {\displaystyle \lambda (\vartheta )} und f ( x | ) {\displaystyle f(x|\cdot )} sind beide ( μ {\displaystyle \mu } -fast sicher) absolutstetige Funktionen.
  • Θ {\displaystyle \Theta } ist ein abgeschlossenes Intervall in R {\displaystyle \mathbb {R} }
  • Die Funktion λ {\displaystyle \lambda } konvergiert an den Rändern des Definitionsintervalls Θ {\displaystyle \Theta } gegen 0 {\displaystyle 0} .

Formulierung

Sei T = T ( X ) {\displaystyle T=T(X)} ein Schätzer für den Parameter ϑ {\displaystyle \vartheta } und X {\displaystyle X} eine Zufallsvariable, die wie P ϑ {\displaystyle P_{\vartheta }} verteilt ist. Wir nehmen zudem an, dass E ϑ [ ϑ ln f ( X , ϑ ) ] = 0 {\displaystyle \operatorname {E} _{\vartheta }[{\frac {\partial }{\partial \vartheta }}\ln f(X,\vartheta )]=0} gilt.

Sei des Weiteren

I ( ϑ ) := E ϑ [ S ϑ 2 ] = E ϑ [ ( ϑ ln f ( X , ϑ ) ) 2 ] {\displaystyle I(\vartheta ):=\operatorname {E} _{\vartheta }[S_{\vartheta }^{2}]=\operatorname {E} _{\vartheta }[({\frac {\partial }{\partial \vartheta }}\ln f(X,\vartheta ))^{2}]}
I ( λ ) := E [ ( ϑ ln λ ( ϑ ) ) 2 ] {\displaystyle I(\lambda ):=\operatorname {E} [({\frac {\partial }{\partial \vartheta }}\ln \lambda (\vartheta ))^{2}]}

die Fisher-Information für ϑ {\displaystyle \vartheta } beziehungsweise für einen Parameter in λ {\displaystyle \lambda } . Dabei ist E ϑ {\displaystyle \operatorname {E} _{\vartheta }} der (gewöhnliche) Erwartungswert bezüglich des Wahrscheinlichkeitsmaßes P ϑ {\displaystyle P_{\vartheta }} und E {\displaystyle \operatorname {E} } der Erwartungswert bezüglich des gemeinsamen Wahrscheinlichkeitsmaßes von X {\displaystyle X} und einer π {\displaystyle \pi } -verteilten Zufallsvariable Y {\displaystyle Y} .

Die Ungleichung von van Trees besagt nun:

E [ ( T ( X ) ϑ ) 2 ] 1 E [ I ( ϑ ) ] + I ( λ ) {\displaystyle \operatorname {E} [(T(X)-\vartheta )^{2}]\geq {\frac {1}{\operatorname {E} [I(\vartheta )]+I(\lambda )}}}

Anwendungen

Die Ungleichung kann verwendet werden, um zu zeigen, dass in ein- oder zweiparametrigen Modellen keine supereffizienten Schätzer existieren. Dabei ist unter einem supereffizienten Schätzer ein (nicht-erwartungstreuer) Schätzer gemeint, der die Cramér-Rao-Ungleichung unterschreitet.

Literatur

  • Richard D. Gill, Boris Y. Levit: Applications of the van Trees inequality: a Bayesian Cramér-Rao bound. In: Bernoulli. 1, no. 1–2, 1995, S. 59–79. (projecteuclid.org)