BMW RS 54

BMW RS 54, Baujahr um 1955

Die BMW RS 54 war ein Rennmotorrad, das von den Bayerischen Motorenwerken ab 1953 in einer geringen Stückzahl für Privatfahrer angeboten wurde. 24 Exemplare gingen vom Werk an ausgewählte Motorsportler.[1][2][3][Anm. 1]

Geschichte

Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte BMW zunächst das Vorkriegsmodell mit Kompressor, die RS 255, bei nationalen Rennsportveranstaltungen einsetzen, musste jedoch durch das FIM-Reglement ab 1951 auf eine kompressorlose Variante wechseln und griff zunächst auf den Stoßstangenmotor ohne Aufladung zurück.[2] 1951/52 wurde unter Leitung von Alexander von Falkenhausen und Rudolf Schleicher ein neuer luftgekühlter 2-Zylinder-Boxermotor entwickelt.[3] Auf der IAA 1953 präsentierte BMW die RS;[Anm. 2] auch der Bundesminister für Wirtschaft, Ludwig Erhard, ließ sich das Motorrad zeigen,[4] das auch für Privatfahrer erhältlich sein sollte.

Nur Walter Zeller war mit dem Werksmotorrad international erfolgreich. Während der Preis des Motorrads damals etwa 10.000 DM betrug, werden heute noch existierende Modelle für den 20-fachen Preis gehandelt.[Anm. 3]

Technik

RS 54 von 1954
Renngespann auf Basis der RS 54

Die RS 54 mit 493 cm³ Hubraum und Amal-Vergaser wurde mit zwei Motorvarianten hergestellt. Die Langhuberversion mit 4-Gang-Getriebe ging an Privatfahrer, die Kurzhuberversion mit 5-Gang-Getriebe wurde in die Werksmaschine – später auch bei den Gespannen – eingebaut.[3]

Der Saugmotor leistete in der ersten Version 45 PS (33 kW) bei 8000 bzw. 8500 min−1[Anm. 4] und in den Werksmaschinen 58 PS. Maschinen für schnelle Strecken wie Monza, Spa oder Hockenheim wurden mit einer mechanischen Benzineinspritzung von Bosch eingesetzt und erreichten 60 PS (44 kW).[1] Das Drehmoment des Vergasermotors war jedoch höher, weshalb er für enge Strecken besser geeignet war. Zwei obenliegende Nockenwellen je Zylinder mit Königswellenantrieb und die kurze Kurbelwelle erlaubten mit dem Kurzhubmotor Drehzahlen bis zu 9500 min−1.[5]

Das Fahrwerk der RS 54 bestand aus einem Doppelschleifen-Rohrrahmen, Langarmschwinge (Earles-Gabel) zur Führung des Vorderrades[Anm. 5], Hinterradschwinge, Duplex-Vollnabenbremse vorn, Vollnaben-Trommelbremse hinten. Das Hinterrad wurde nach BMW-Standard über eine Kardanwelle angetrieben, die hier erstmals im rechten Schwingenholm lief. Der Radstand wird mit 1370 mm, das Trockengewicht mit 132[6] bzw. 135 kg angegeben;[3] Tankinhalt 24 Liter. Das Chassis der BMW RS 54 galt als „nervös“, wahrscheinlich bedingt durch den kurzen Radstand. Die Höchstgeschwindigkeit lag über 220 km/h ohne und bei bis zu 235 km/h mit Vollverkleidung.[5]

Technische Daten

Kenngrößen Langhuber Kurzhuber
Hubraum 493 cm³ 493 cm³
Bohrung/Hub 66 × 72 mm 70 × 64 mm
Verdichtung 8 : 1 10 : 1
Leistung 45 PS bei 8500 min−1 60 PS bei 9500 min−1
Höchstgeschwindigkeit > 200 km/h 230 km/h[3]

Rennerfolge

BMW-RS-54-Motor (Gespann)

Solo

Den größten Erfolg einer RS 54 als Solomaschine erzielte Walter Zeller, als er 1956 hinter John Surtees auf MV Agusta Zweiter in der Weltmeisterschaft wurde. Die BMW war leichter als die Konkurrenz mit Vierzylindermotoren, und mit der Vollverkleidung soll sie entgegen anderen Angaben, die von einer geringeren Geschwindigkeit sprechen, 245 km/h erreicht haben. Zeller erzielte mehrere zweite Plätze, doch ein Ausfall auf der Solitude und ein Boxenstopp in Monza machten die Aussichten auf den Weltmeistertitel zunichte. Als Zeller 1957 seine Motorsportkarriere beendete, um sich dem elterlichen Geschäft zu widmen, folgten 1958 Geoff Duke und Dickie Dale (1927–1961) als Werksfahrer. Duke erzielte jedoch nur einen Sieg in Hockenheim, während Dickie Dale Dritter in der 500er-Weltmeisterschaft wurde. Wahrscheinlich bekanntester „Gastfahrer“ auf einer BMW RS 54 war 1955 der damals 21-jährige John Surtees, der sie beim Großen Preis von Deutschland auf dem Nürburgring fuhr.[7][5]

Gespanne

Der RS-54-Motor wurde mit großem Erfolg in der Gespannweltmeisterschaft eingesetzt. BMW gewann damit in ununterbrochener Reihenfolge von 1954 bis 1974 die Konstrukteurswertung der Motorrad-Weltmeisterschaft.[2][Anm. 6] Der Buchautor Karl Reese (1930–2019) schrieb: „21 Weltmeisterschaftstitel in der Gespannklasse. Standfestigkeit und Zuverlässigkeit machten den BMW-RS-Motor […] zum erfolgreichsten Rennmotor im zwanzigsten Jahrhundert.“[3]

Insbesondere durch die geringe Bauhöhe, war der BMW-Boxermotor für Gespanne von Vorteil. Er senkte den Schwerpunkt und er ermöglichte eine geringere Stirnfläche, um hohe Geschwindigkeiten zu erreichen. Überdies galt der RS-54-Motor als sehr zuverlässig. Die Leistung soll zuletzt bei 65 PS gelegen haben; manche Quellen nennen 80 PS für die letzte Ausbaustufe des Königswellenboxers.[8] Den letzten Weltmeistertitel für BMW und seinen sechsten Titel erzielte Klaus Enders 1974.[5]

Sonstiges

Im Januar 2013 wurde bei Bonhams ein Renn-Gespann von 1954 für 123.600 Euro versteigert.[9]

Siehe auch

Commons: BMW RS 54 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • BMW RS 54. In: BMW Geschichte. BMW AG, abgerufen am 17. Januar 2016 (Dossier des BMW Group Archivs). 
  • RS 54 auf YouTube
  • Fred Siemer: 60 Jahre BMW RS 54. 14. Januar 2014, abgerufen am 17. Januar 2016: „aus Motorrad classic 02/2014“ 

Anmerkungen

  1. Rauch geht von 20 Exemplaren aus.
  2. Rauch spricht in diesem Zusammenhang von der Modellbezeichnung „RS 53“, BMW hingegen von „RS 54“.
  3. Bonhams hatte im Januar 2013 eine RS 54 für 110.000 Euro in der Auktion. → [1]
  4. Die Leistungsangaben unterscheiden sich je nach Quelle geringfügig, wahrscheinlich bedingt durch die Weiterentwicklung des Motors.
  5. 1953 war die RS 54 noch mit Teleskopgabel vorgestellt worden.
  6. Die Fahrerwertung ging in dem genannten Zeitraum auch an BMW bis auf 1968 an Helmut Fath und 1971 an Horst Owesle auf URS.

Einzelnachweise

  1. a b BMW Profile: Motorräder aus München 1923–1969. 2. Auflage 1998, BMW Best.-Nr. 01090035252., ISBN 978-3-932169-09-0, S. 50
  2. a b c Siegfried Rauch: Berühmte Rennmotorräder – 150 alte und neue Rennmaschinen für den Grand-Prix-Einsatz. 2. Auflage. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1980, ISBN 3-87943-590-1, S. 34
  3. a b c d e f Karl Reese: Motorräder aus Berlin. Johann Kleine Vennekate Verlag, Lemgo, 1. Auflage 2002, ISBN 3-935517-05-X, S. 38
  4. Ludwig Erhard bei der Vorstellung der BMW RS 54. In: BMW Geschichte. BMW AG, 1953, abgerufen am 17. Januar 2016. 
  5. a b c d Bo Rindar, Jan Leek: Produktionsracer auf Basis der 500er-Werksmaschine. Abgerufen am 16. Oktober 2020.
  6. motorradonline.de (Memento vom 5. Oktober 2013 im Internet Archive) BMW RS 54 (abgerufen am 4. Oktober 2013)
  7. Wolfgang Zeyen, Jan Leek: BMW Motorräder seit 1923. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-613-02401-2, S. 134–136.
  8. MOTORRAD Katalog 1973, S. 233
  9. 1954 BMW Rennsport RS54 Sidecar. Bonhams, abgerufen am 30. Oktober 2013 (englisch): „This RS54 and sidecar bear engine #549007 and chassis #254007“ 
V
Aktuelle BMW-Motorräder
V
Ältere BMW-Motorräder
Vorkriegszeit
Einzylinder

R 39R 2R 3R 4R 35R 20R 23R 36 (Prototyp)

Boxer

R 32R 37R 42R 47R 52R 57R 62R 63R 11R 16R 7 (Prototyp)R 12R 17R 5R 6R 51R 61R 66R 71WR 750 (Rennmotorrad)RS 500 Kompressor

Zweiter Weltkrieg

R 75 Gespann (Wehrmachtsgespann)

Nachkriegszeit

R 10 (Prototyp) • R 24R 25R 25/2R 25/3R 51/2R 51/3R 67/2R 68

Vollschwingen-BMW
1955–1969

R 26R 27R 50 • RS 54 (Rennmotorrad) • R 60R 69R 50/2R 60/2R 50 SR 69 S

„Strich-Fünfer“
1969–1973

R 50/5R 60/5R 75/5

„Strich-Sechser“
1973–1976

R 60/6R 75/6R 90/6R 90 S

„Strich-Siebener“
1976–1985

R 60/7R 75/7R 80/7R 100/7R 100 SR 100 RSR 100 RTR 100 CS

„Kleine“ Zweiventil-Boxer
1978–1985

R 45R 65R 65 SR 65 GS

Zweiventil-Boxer
1980–1997
Vierventil-Boxer (1. Generation)
1993–2006

R 850 GSR 850 RTR 850 R / R ComfortR 850 CR 1100 RR 1100 RSR 1100 SR 1100 GSR 1100 RTR 1150 RTR 1150 RR 1150 R RocksterR 1150 RSR 1150 GSR 1150 GS AdventureR 1200 CR 1200 CL

Vierventil-Boxer (2. Generation)
2004–2013

R 1200 SR 1200 STR 1200 GSR 1200 GS AdventureR 1200 RR 1200 RT

Vierventil-Boxer (R nineT)
2014-2023

R nineTR nineT PureR nineT ScramblerR nineT RacerR nineT Urban G/S

Wasser-Boxer (1. Generation)
2013–2019

R 1200 GSR 1200 GS AdventureR 1200 RTR 1200 R

F- und G-Baureihe
seit 1993
K-Baureihe (Reihenmotor)
seit 1983
Dreizylinder

K 75K 75 CK 75 SK 75 RT

Vierzylinder

K 100K 100 RSK 100 RTK 100 LT • K 1 • K 1100 LTK 1100 RSK 1200 GTK 1200 LTK 1200 RK 1200 R SportK 1200 RSK 1300 GTK 1300 SK 1300 R

HP-Baureihe

HP4HP2 EnduroHP2 SportHP2 Megamoto

Roller

R 10 (Prototyp)C1 125C1 200C 600 SportC 650 GTC Evolution